Gemeinsame Erklärung zur Debatte um künftige Verteidigungsausgaben und zur Erreichung von Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit

Eine gemeinsame Erklärung der Präsidenten des BDLI, des BDSV und weiterer Vereine der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Spätestens der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 hat uns in Deutschland wieder die Augen dafür geöffnet, dass unsere Sicherheit und unser Frieden keineswegs selbstverständlich sind. Wir bekommen sie nicht zum „Nulltarif“, sondern sie beruhen darauf, dass wir in der Lage sind, Angriffe auf unsere freiheitliche Lebensweise durch Abschreckung zu verhindern und im Ernstfall wirksam militärisch abzuwehren.

Deutschland ist seit langem Mitglied des Nordatlantischen Bündnisses. Alle 32 Nato-Nationen leisten ihren Beitrag zur Verteidigung des Westens. Die beim Nato-Gipfel von Wales im Jahr 2014 als Zielmarke für spätestens 2024 festgelegten 2 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP), die jedes einzelne Nato-Mitglied für seine Streitkräfte aufwenden soll, gelten seit dem Gipfel von Vilnius im Jahr 2023 inzwischen als Untergrenze, als Minimalwert. Das unmittelbar nach dem russischen Angriff beschlossene Bundeswehr-Sondervermögen in Höhe von zusätzlichen 100 Mrd. Euro war hierzu ein ebenso entschlossener wie auch überfälliger Schritt, der aber zur Deckung der Bundeswehr-Bedarfe bei Weitem nicht ausreicht.

Spätestens in 2027 wird dieses Sondervermögen aufgebraucht sein. Immer wieder haben Mitglieder der Bundesregierung, allen voran der Bundeskanzler seit seiner wegweisenden Regierungserklärung zum Ukrainekrieg am 27. Februar 2022, versprochen, ab jetzt werde das Ziel, 2 % vom deutschen BIP für Verteidigung auszugeben, stets eingehalten, wenn nicht sogar übertroffen. Die amtliche Haushaltsplanung spricht jedoch eine andere Sprache: Die geltende Mittelfristige Finanzplanung der Bundesregierung sieht den Etat des Bundesverteidigungsministeriums für die kommenden Jahre konstant bei 52 Mrd. Euro „eingefroren“, einem Wert, der schon in zwei Jahren nur noch die Fixkosten der Bundeswehr decken wird, also keinen Spielraum für Ergänzungs- und Neubeschaffungen offenlässt. Solche weiteren Beschaffungen aber sind aus Bundeswehr-Sicht unabdingbar, um die zur Abschreckung erforderlichen NATOFähigkeiten
bereitstellen zu können.

Die „Schere“ zwischen aktueller Mittelfristiger Finanzplanung und den real von der Bundeswehr benötigten Mitteln öffnet sich bereits im Jahr 2025. Daher hat Bundesverteidigungsminister Pistorius bereits für das kommende Jahr zusätzliche Mittel von 6,5 Mrd. Euro gefordert. Wir – die Unterzeichner - setzen uns dafür ein, dass der Bundeswehr in der anstehenden Haushaltsplanung schon jetzt die ihren voraussichtlichen Bedarfen entsprechenden Mittel zugewiesen werden. Diese liegen oberhalb der versprochenen 2 % vom BIP, also bis 2028 voraussichtlich in der Größenordnung von weiteren rund 100 Mrd. Euro, und werden dringend benötigt,

  • um die in der Bundeswehr dienenden Soldatinnen und Soldaten mit dem für ihren Einsatz bestmöglichen Material ausstatten zu können,
  • um Deutschland zu befähigen, seinen Bündnisbeitrag zur Erreichung von Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit möglichst rasch und umfassend leisten zu können,
  • um unsere der NATO gegebenen Versprechungen auch über das Jahr 2025 hinaus erfüllen zu können,
  • um der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie eine verlässliche Planungsgrundlage zu geben, damit diese ihre Produktionskapazitäten weiter anpassen bzw. hochfahren kann.


Es ist nicht unsere Aufgabe, sondern die der politisch Verantwortlichen, darüber zu entscheiden, auf welche Weise diese Mittel mobilisiert werden können: Durch ein weiteres Sondervermögen, durch eine Lockerung der Schuldenbremse oder durch politisches Um-Priorisieren vorhandener Mittel. Wir sind davon überzeugt, dass die Bereitschaft bei Bürgerinnen und Bürgern, erneut außergewöhnliche Wege zur Mobilisierung solcher Mittel zu unterstützen, größer ist, als dies gemeinhin angenommen wird. Wir halten es mit einem Wort von NATO-Generalsekretär Stoltenberg am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz 2023: Mehr Geld für Sicherheit und Verteidigung auszugeben, bedeutet immer zugleich weniger Geld für andere wichtige Aufgaben verfügbar zu haben. Aber kann es Wichtigeres geben als unsere Sicherheit und die Aufrechterhaltung des Friedens?

Berlin, den 05.06.2024

 

Armin Papperger
Präsident
Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V.

Dr. Michael Schöllhorn
Präsident
Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie. e.V.

Oberst André Wüstner
Bundesvorsitzender
Deutscher Bundeswehrverband e.V.

Claus Günther
Präsident
Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik e.V.

Dr. Hans Peter Bartels
Präsident
Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V.

GenMaj. a.D. Wolfgang Köpke
Präsident
Förderkreis Deutsches Heer e.V.

KAdm a.D. Karsten Schneider
Präsident
Deutsches Maritimes Institut e.V.

Oberst d.R. Prof. Dr. Patrick Sensburg
Präsident
Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V.

GenLt. a.D. Klaus Habersetzer
Präsident
Interessengemeinschaft Deutsche Luftwaffe e.V.